Erhöhung des Eigenverbrauchs von PV-Strom beim Ladevorgang eines Elektroautos

Die Bundesregierung strebt bis zum Jahr 2020 eine Zahl von 1 Mio. Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen an. Im Jahr 2030 sollen es bereits 6 Mio. Fahrzeuge sein [1]. Nach heutigem Stand (2016) wird dieses Ziel klar verfehlt. Zum 01.01.2016 gab es lediglich ca. 25 000 batteriebetriebene Elektrofahrzeuge sowie weitere 130 000 Hybridfahrzeuge. Zum Durchbruch der Technologie fehlt ein ausgebautes Ladesäulennetz, konkurrenzfähige Fahrzeugmodelle mit ausreichender Reichweite, Marktmodelle zur Elektromobilität und eine wirtschaftliche Betriebsweise für Nutzer.

 

Derzeit erfolgt das Laden von Elektrofahrzeugen in der Regel nach dem „Plug and Charge“ Prinzip. Sobald der Nutzer am Ladestandort, welche beispielsweise vom Eigenheim dargestellt wird, eintrifft, verbindet dieser das Fahrzeug mit dem Stromnetz. Der Ladevorgang beginnt mit definierter Ladeleistung und wird beendet, wenn der Nutzer eine Trennung der Elektroautos vom Stromnetz hervorruft oder der Akku vollständig geladen ist. Die Ankunft am Ladestandort korreliert mit dem Arbeitsende der Fahrzeugnutzer und fällt häufig in den Zeitbereich zwischen 16 Uhr und 20 Uhr. Die Energieerzeugung durch eine am Ladestandort installierte PV-Anlage ist in diesem Zeitraum auf Grund des abnehmenden Strahlungsangebots niedrig, wodurch der solare Anteil an der Ladeenergie gering ausfällt. In Folge muss abends Netzstrom zur Beladung des Elektrofahrzeugs genutzt werden.

 

Weiterhin führt das „Plug and Charge“ Laden zur Erhöhung der bereits vorliegenden Strombedarfsspitze in den Abendstunden. Simulationen zeigen je nach Marktdurchdringung einen Anstieg dieser von 40% bis über 50 %, wodurch die Stromnetze zusätzlich beansprucht werden und ein Netzausbau in vielen Regionen unvermeidlich erscheint. [2, 3] Ferner finden die Ladevorgänge vorwiegend in den Abend- und Nachtstunden statt, in denen der Anteil des erneuerbar erzeugten Stroms im Netz fast ausschließlich aus Windenergie resultiert. Gleichzeitig kann es bei hoher Einstrahlung in den Tagstunden zur Abregelung von PV-Anlagen kommen, da kein ausreichender Verbrauch zur Abnahme des PV-Stroms vorhanden ist. Um erhöhte Abendlastspitzen und einen möglichen Netzausbau zu verringern bzw. ggf. sogar zu verhindern und die Übereinstimmung erneuerbarer Energie im Netz mit der Stromnachfrage zu erhöhen, stellt die Steuerung der Ladevorgänge eine zweckmäßige Möglichkeit dar.

Abbildung 1: durchschnittliche Lasterhöhung (beispielhaft) im Tagesverlauf durch Integration eines Elektrofahrzeugs bei ungesteuertem Laden

 

Am letzten Punkt, der Erhöhung von Stromangebot und Nachfrage durch die Nutzung eines Elektrofahrzeugs, setzt die TU Bergakademie Freiberg an. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wird die Steuerung des Ladevorgangs eines Elektroautos zur Erhöhung des Eigenverbrauchs von PV-Strom unter Berücksichtigung verschiedener Prognosen an einem Eigenheim untersucht. Bei dem Untersuchungsobjekt handelt es sich um ein Energieautarkes Haus, welches unter anderem über eine PV-Anlage mit 8,4 kWp in Südausrichtung mit einem Neigungswinkel von 45° sowie einen Blei-Gel-Akku mit einer maximalen Speicherkapazität von 58 kWh verfügt. Beim genutzten Elektrofahrzeug handelt es sich um einen Mitsubishi i-MiEV mit einer Nennkapazität des Li-Ionen-Akkus von 16 kWh.

 

Mit einer Leistungsprognose werden die solaren Erträge der PV-Anlage abgeschätzt. Ferner erfolgt die Prognose der Hauslast und des Ladeenergiebedarfs des Elektrofahrzeugs anhand des aufgezeichneten Fahrprofils. Daraus werden unter Berücksichtigung des Ladestands des Haus-Akkus mit Hilfe einer intelligenten Steuerung die optimalen Ladezeitpunkte (und -leistung) ermittelt (siehe Abbildung 1). Je nach Optimierungsszenario liegen der Ladesteuerung unterschiedliche Optimierungsziele vor. Beispiele dafür sind das Erreichen der maximalen Hausautarkie, der maximalen Wirtschaftlichkeit oder des höchsten Eigenverbrauchs an eigenem PV-Strom. Letztgenannter steht im Mittelpunkt der Betrachtungen. Von der enercast GmbH werden die PV-Leistungsprognosen für diese Untersuchungen verwendet. Diese liegen als Intra-Day-Prognosen mit einer zeitlichen Auflösung von 15 Minuten und einem Prognosehorizont von 96 Stunden vor. Die Aktualisierung erfolgt 4 Mal täglich jeweils um 6 Uhr, 12 Uhr, 18 Uhr und 24 Uhr. Weiterhin besteht die Möglichkeit auf Wetterdaten über das enercast-portal zuzugreifen, welche die Prognose von Globalstrahlung und Temperatur ermöglicht. In Verbindung mit den Kenngrößen der PV-Anlage (z.B. Größe, Neigung, Ausrichtung, Wirkungsgrad) und Messdaten zur Berücksichtigung verschiedener Einflussgrößen (z.B. Temperatur) kann dadurch prinzipiell eine selbstständige Abschätzung des Ertrags der PV-Anlage erfolgen.

Abbildung 2: exemplarischer Tagesverlauf der prognostizierten Energieerzeugung durch die PV-Anlage sowie Hauslast zur Bestimmung der optimalen Ladezeiträume mit maximalem Überschuss

 

Erste Auswertungen zeigen, dass die Prognosen der Globalstrahlung und damit verbunden die PV-Leistungsprognosen an sonnenreichen Tagen mit geringer Wolkenbedeckung sehr gut mit den Messwerten übereinstimmen. Da der Betrachtungsstandort in einer Gebirgsregion liegt, kommt es zu lokalen Wetterphänomenen (schnelle und fluktuierende Wolkenbildung, Nebel, etc.), die z.T. stark variierende Bewölkung hervorrufen, welche von den Prognosen scheinbar nur schwer zu berücksichtigen sind. Daher zeigen sich etwas größere Prognosefehler gegenüber dem Sommerzeitraum. Insgesamt sollen die Prognosen dazu dienen, den PV-Ertrag mit hinreichender Genauigkeit abzuschätzen wodurch die Zeitpunkte des gesteuerten Ladens bestmöglich ermittelt werden können.

 

Quellen:

[1]     „Elektromobilität – Deutschland als Leitmarkt und Leitanbieter“, Bundeministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin, 2011 (http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/ G/elektromobilitaet-deutschland-als-leitmarkt-und-leitanbieter.pdf?__blob=publicationFile)

[2]     Nobis, P.; Pellinger, C.; Staudacher, T.: „eFlott (Endbericht) - Wissenschaftliche Analysen zur Elektromobilität (Langfassung)“, FfE Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V., München, 2011 (https://www.ffe.de/download/article/333/eFlott_Abschlussbericht_FfE.pdf)

[3]     Paetz, A.; Kaschub, T.; Kopp, M.; Jochem, P.; Fichtner, W.: „Monetäre Anreize zur Steuerung der Ladelast von Elektrofahrzeugen – eine modellgestützte Optimierung“, Zeitschrift für Energiewirtschaft, 2013, Heft 1, Seite 1-12